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11.02.2014 21:00 Alter: 10 yrs
Kategorie: Veranstaltung

Woher kommt der Strom?


Ist doch klar, aus der Steckdose. Aber wo wird er erzeugt? Dieser Frage gingen letzte Woche insgesamt 130 Schüler der 7-ten und 8-ten Klasse bei ihrem Besuch des Kernkraftwerkes Gösgen in der Schweiz nach.

Die Erzeugung von Strom durch Kernkraft in Österreich ist kein Thema. Zu diesem Verzicht haben sich die Österreicher bereits 1978 erklärt. Dennoch kann man sich der Diskussion nicht wirklich entziehen angesichts benachbarter, grenznaher, Kernkraftanlagen in den umliegenden Staaten. Weltweit sind es inzwischen über 400 in Betrieb befindliche Kernkraftanlagen, in der Schweiz sind es 5, in Deutschland 9 und in den übrigen Nachbarstaaten weitere 16 Kernkraftanlagen bzw. Reaktorblöcke. Wer weiß da noch, welchen Ursprung letztendlich der Strom in einem europäischen Verbundsystem hat? Woher bezieht Österreich seinen Strom im Bedarfsfall? Könnte das auch Atomstrom sein? Erneuerbare Energiequellen, Energiewende und Energieautonomität sind damit Themen, die immer mehr in den Vordergrund  geraten und nicht zuletzt nach dem Reaktorunfall von Fukushima intensiv diskutiert werden.

Unabhängig von diesen gesellschaftlichen Aspekten ist es wichtig, dass man sich, möglichst unvoreingenommen, auch mit den technischen bzw. kernphysikalischen Belangen auseinandersetzt. Und dies nicht nur im Physikunterricht sondern am besten direkt „vor-Ort“.

Diese Möglichkeit bot sich den Schülern beim Besuch des Kernkraftwerkes Gösgen. Etwa 180km von Vorarlberg entfernt befindet sich das KKW Gösgen. Mit einer Leistung von etwa 1.000 MW deckt es etwa 15% des Schweizerischen Strombedarfes ab. Das KKW Gösgen ging 1979 in Betrieb und soll, wenn man den Pressemitteilungen folgt, nach 50 Jahren Laufzeit im Jahr 2029 abgeschaltet werden.

Nach einer Führung durch den Besucherbereich mit vielen Informationen zur Kernphysik, Energieerzeugung, Reaktoraufbau und Fragen der Entsorgung bzw. Lagerung stand ein Rundgang über das Werksgelände auf dem Programm. Dieser innere Bereich ist nur über Schleusen erreichbar ähnlich, wie man sie von Flughäfen her kennt: Gürtel aus, Schlüssel und Jacke aufs Band, Handy wegsperren. Wer keine Identitätskarte hatte, musste draußen bleiben.

In kleinen Gruppen zu etwa 6 bis 8 Schülern wurde man dann durch den inneren Bereich geführt vorbei am Leitstand (stets besetzt mit mindestens acht Operateuren), der Maschinenhalle mit der Dampfturbine (laut und nur mit Ohrstöpseln zu ertragen, zudem ein ständiges Vibrieren des Bodens bei hohen Temperaturen in der Halle), weiter nach draußen zum Kühlturm (mit einer Höhe von 150m markanter Blickfang im Tal der Aare) und auf Tuchfühlung mit dem Reaktorblock (ein komisches Gefühl, nur wenige Meter entfernt von dem für Kernkraftwerke typischen kuppelartigen Reaktorbau zu stehen).

Die Schüler zeigten sich als aufmerksame Zuhörer, die zudem die Aussagen des Personals kritisch zu hinterfragen wussten. Nicht alle Kraftwerksbediensteten machten einen Hehl aus ihrer Überzeugung zur Kernkraft (was aber auch nicht zu erwarten war). Umso wichtiger ist, dass Schüler genau zu unterscheiden lernen und selbst zu einer Einschätzung gelangen. Dies gilt nicht nur in Fragen der Kernkraftnutzung sondern auch in vielen anderen gesellschaftlichen und politischen Auseinandersetzungen. Wir als begleitende Lehrer hoffen, mit diesem Besuch einen Beitrag in diese Richtung geleistet zu haben.

Dr. Winfried Brüser

 

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